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Sollten sich Unternehmen zu gesellschaftspolitischen Fragen positionieren?

Für Unternehmen und deren Führungskräfte gibt es viele Möglichkeiten, Stellung zu beziehen: Genderthematiken, Diversity-Fragen, politische Diskussionen wie z.B. den US-Wahlkampf oder die vergangenen Europawahlen. Neu hinzu kamen Debatten, wie sie durch die Übernahme des ehemaligen Kurznachrichtendienstes Twitter, jetzt X, durch Elon Musk hervorgerufen wurden. Müssen sich Unternehmen dazu äußern bzw. durch Boykott reagieren? Unsere Thesen zu Haltungskommunikation und Thought Leadership:

 

  1. Wenn Haltung bezogen wird, dann konsequent

Ein Beispiel für Inkonsequenz liefert die Fußballweltmeisterschaft 2022 in Qatar: Aufgrund der gesellschaftlichen und politischen Diskriminierung von Angehörigen der Lgbtqia+-Community im Gastgeberland unterlegten zahlreiche westliche Konzerne ihre Logos mit den Farben der Bewegung. Die Logos der jeweiligen nationalen Gesellschaften des arabischen Raums bzw. der Regionen, in denen Homo- und Transsexualität nicht anerkannt ist, blieben jedoch unverändert. Ein Umstand, der den Unternehmen viel Kritik und den Vorwurf der Doppelmoral eintrug.

  1. Keine Schnellschüsse

Gerade in hochemotionalen gesellschaftlichen Debatten ist es nicht angeraten, vorschnell oder lediglich aus Gründen der PR-Wirksamkeit zu kommunizieren. Egal, zu welchem Thema Stellung bezogen werden soll: Die Positionierung sollte im Nachhinein nicht verändert, relativiert oder gar revidiert werden. Wenn Unsicherheit oder Uneinigkeit besteht, ist es besser, zunächst nicht zu kommunizieren. Alles andere würde der Glaubwürdigkeit des Unternehmens oder der Führungskraft einen schweren Dämpfer verpassen.

  1. Haltung muss nicht bequem sein

Eine Meinung muss nicht dem Mainstream entsprechen. Noch wichtiger als bei allen anderen Kommunikationsmaßnahmen ist bei kontroversen Äußerungen die absolute Fundiertheit, Stringenz in der Argumentation sowie die Bereitschaft, auch starke Gegenreaktionen in Kauf zu nehmen und vor allem auszuhalten. Werden diese Punkte beachtet, kann die eine unbequemen Position mehr bewirken als die zigfache Wiederholung einer bequemen These.

  1. Nicht alles muss kommentiert werden

Gesellschaftspolitische Debatten gleichen oft Strohfeuern, die schnell und heftig geführt werden, aber genauso schnell von der nächsten Diskussion abgelöst werden. Hier gilt es, zu priorisieren und bei den Themen zu bleiben, die das Unternehmen direkt oder indirekt betreffen. In letzter Zeit gibt es zunehmend Tendenzen, dass Stakeholder in gesellschaftlichen Debatten Unternehmen aktiv zur Positionierung auffordern. Dieser Aufforderung kann man sich ab einem gewissen Grad der Intensität nur schwerlich entziehen. Dabei gelten obige Empfehlungen.

 

Eine Patentlösung in der Haltungskommunikation gibt es nicht. In jedem Fall muss neu entschieden werden, ob und wie man sich positioniert. Wenn die Entscheidung für eine Äußerung fällt, muss bewusst sein, dass man mit der Äußerung ebenso viele Menschen begeistern wie abstoßen wird. Umso wichtiger ist dabei die Stringenz in der Kommunikation sowie die Auswahl der Kommunikationsmedien und der Zielgruppe: Es liegt in der Entscheidung des Unternehmens zu entscheiden, mit welcher Zielgruppe in welcher Tiefe gesprochen wird.

Isabelle Hübner

PR-Beraterin

huebner@echolot-pr.de